Fermentieren zuhause in der Küche
Rezepte

Gemüse fermentieren | Gastbeitrag von thomasgerlachkocht.de

 

Übers’s Bloggen kann man einerseits tolle neue Leute kennenlernen und andererseits Menschen die man schon kennt nochmal ganz neu entdecken. So auch geschehen bei Tom, den ich ursprünglich über eine Freundin kennengelernt habe. Er bloggt auf seinem Foodblog thomasgerlachkocht.de gefühlt schon seit Ewigkeiten sehr lesenswert über’s Essen. Und über’s Kochen. Ich freue mich sehr über seinen Gastartikel zum Thema Fermentation, den ich mit einigen Fotos von meinem selbst gemachten roten Sauerkraut bebildert habe.


Die Natur ist scheiße, oder? Gefühlte neun Monate im Jahr liefert sie uns wenig bis gar nichts – und dann plötzlich alles auf einmal. Ich als Hobbykoch mäandriere also im Jahreslauf zwischen genau zwei Geisteszuständen:

A – Ich kann eingeweichte Hülsenfrüchte und Wurzelgemüse nicht mehr sehen und

B – Ich weiß nicht mehr, wohin mit dem ganzen Zeug, das gerade JETZT perfekt und reif ist.

Aber natürlich ist die Natur nicht scheiße. Denn sie schafft zwar das Problem, sie hat aber auch eine Lösung. In den letzten Jahren ist mir da wirklich ein Licht aufgegangen, denn es gibt tatsächlich eine Methode, wie man die ganzen schönen leckeren Sachen über die Zeit retten kann. Und diese Methode ist ebenso alt wie einfach, kostengünstig wie gesund.

Fermentieren

Der Begriff bezeichnet genau genommen eine ganze Reihe von Methoden, mit denen man Obst, Gemüse, Kräuter und sogar Fleisch und Fisch lange haltbar machen kann. Fermentierte Sachen begegnen uns sehr oft in unserem Alltag – es ist uns nur oft gar nicht (mehr) klar, was wir da zu uns nehmen.

  • Sauerteig — fermentiert
  • Wein und Bier – fermentiert
  • Salami – fermentiert
  • Sauerkraut, Tempeh, Kimchi, Tofu, Käse, Sojasauce – alles fermentiert

Genau genommen bedeutet “fermentieren” nichts anderes als „kontrollierter Verfall“. Oder anders ausgedrückt: Beim Fermentieren lassen wir Lebensmittel unter kontrollierten Bedingungen verfallen. Und dabei entsteht dann ein anderes, ganz neues Lebensmittel. Und sogar ein sehr gesundes, aber der Reihe nach.

Kleine Geschichte des Fermentierens

Wie lange die Menschheit schon Zeug fermentiert, ist nicht ganz klar. Fest steht aber: Ein paar tausend Jahre sind es auf jeden Fall. Auch in der Natur “fermentiert” mehr oder weniger alles, was reif ist und nicht von irgendeinem Lebewesen gefressen wird. Und weil wir Menschen schon so lange fermentieren, hat sich unser Verdauungstrakt auf Fermentiertes sehr gut eingestellt – und nicht nur das: Die Bakterien, die in fermentierten Lebensmitteln enthalten sind, helfen sogar dem Immunsystem enorm dabei, im Darm seine Arbeit zu verrichten.

Selber fermentieren

Wer sich die Fermentation in der Küche zunutze machen möchte, der hat viele Möglichkeiten. Ich empfehle als Einstieg immer gerne das famose Standardwerk “The Art of Fermentation” von Sandor Ellix Katz.

Verschieden Arten der Fermentation

In der Praxis verwende ich selbst zwei verschiedene Arten von Fermentation. Das eine ist die essigsaure Fermentation mithilfe natürlicher Hefen, die ich weiter unten genauer erkläre. Mit dieser Methode mache ich Sauerteig und allerlei Eingelegtes, beispielsweise Sauerkraut. Das andere ist die alkoholische Gärung, bei der Zucker mithilfe von Hefebakterien in Alkohol umgewandelt wird.

Essigsaure Fermente

Am einfachsten und gelingsichersten sind essigsaure Fermente. Das Prinzip: Unter Luftabschluss und unter Anwesenheit von 2-5 % Kochsalz verwandeln die in der Luft und auf Lebensmitteln natürlich vorkommende Bakterien frisches Obst oder Gemüse in eine gloriös saure und ewig lange haltbare Angelegenheit. Dabei kann man gefahrlos experimentieren, wenn man einige einfache Regeln beachtet.

Zutaten und Geräte

  • Fermentationsgut wie frisches Obst und Gemüse – je frischer desto besser. Gammelige Stellen unbedingt ausschneiden und entsorgen.
  • Ein großes Glas (Weckglas, Mason Jar o.ä.) oder einen Gärtopf
  • Stampfer oder Fleischklopfer
  • Gewichte zum Beschweren
  • Wasser
  • Salz

Die goldene Regel des Fermentierens

“Under the brine and all is fine”. Zu deutsch: Man muss immer aufpassen, dass das Fermentationsgut komplett unter Wasser ist. Also sollte man es mit irgendwas beschweren, entweder einem kleinen Teller oder mit speziellen Fermentationsgewichten, die es online zu kaufen gibt. Bei sehr klein geschredderten Sachen, z.B. für Sauerkraut, kann man die kleinen Stückchen auch mit einem intakten Kohlblatt bedecken oder einen mit Wasser gefüllten Zipperbeutel benutzen, den man oben als Gewicht auf das Fermentationsgut legt.

Rotkohl ernten und fermentieren

Fermentationsgut vorbereiten

Zuerst wird das Obst oder Gemüse klein geschnitten, gesalzen und ggf. gestampft. Sauerkraut oder fermentierten Wirsing salze ich mit ca. 2-3% seines Gewichts, dann stampfe ich ihn mit einem hölzernen Klopfer (zur Not tut es auch eine Wein- oder Ölflasche) solange, bis die Flüssigkeit austritt. Diese Flüssigkeit muss das Kraut am Ende komplett bedecken, sonst funktioniert die Sache nicht. Dinge wie Rosenkohl (extrem lecker, wenn man ihn zusammen mit Zwiebeln und Chili fermentiert!), Tomaten, Radieschen oder Möhren stampfe ich nicht, sondern gieße sie mit 3-5%-igem Salzwasser auf. Auch hier ist es wichtig, dass das Gemüse komplett untertaucht.

Der eigentliche Fermantations-Vorgang

Der Rest macht sich von alleine: Ich lasse das Gefäß zwei bis drei Tage offen stehen, so lange, bis sich in der Flüssigkeit kleine Bläschen bilden. Die sind das erste Zeichen, dass die Fermentation funktioniert. Dann verschließe ich das Gefäß (ich nehme meistens Weckgläser) und lasse das Ganze ca. zwei Wochen stehen. Dabei bildet sich meistens auf der Wasseroberfläche ein weißlicher Film. Das sind so genannte “Kahmhefen”, die gesundheitlich harmlos, aber geschmacklich gewöhnungsbedürftig sind. Also werden sie abgeschöpft. Das Ferment probiere ich immer wieder mit einer sauberen Gabel. Am Ende sollte es deutlich sauer sein, die Flüssigkeit sollte sich eingetrübt haben. Ist das passiert, dann ist alles gut.

Fertige Fermente lagern

Würde man das Ferment jetzt weiter, so wie ich es mache, einfach in der Küche stehen lassen, würde es immer saurer werden. Wer das nicht mag, stellt seine Fermente in den Kühlschrank. Das verlangsamt die Fermentation quasi ad infinitum, sprich: Es tut sich praktisch nichts mehr. So ein Ferment ist fast unbegrenzt haltbar, da schädliche Keime durch das Salz und das saure Milieu praktisch keine Chance haben. Muffig riechende oder seltsam schmeckende Fermente gehören allerdings in den Müll.

Selbst fermentiertes Sauerkraut

Hier noch ein paar Rezept-Ideen zum Fermentieren

  • Sauerkraut: Weißkraut in dünne Streifen hobeln, mit 2-3 % Salz vermischen, stampfen
  • Rosenkohl putzen, vierteln und mit 5 % Salzlösung aufgießen, dazu fein gehobelte Zwiebeln, Chili und nach Geschmack Knoblauch zugeben
  • Karotten in 4 mm breite Stifte schneiden, mit Pfeffer- und ganzen Korianderkörnern würzen, mit 3 % Salzwasser aufgießen
  • Kohlrabi in streichholzdünne Stifte schneiden oder hobeln, mit frischem Ingwer würzen und mit 3-5 % Salzlösung aufgießen.
  • Frische Cocktailtomaten mit einem Zahnstocher mehrmals einstechen, zusammen mit Zwiebeln und Basilikum in Salzlösung fermentieren
  • Unreife Schlehen mit 3 salzen, etwas stampfen, bis genügend Flüssigkeit austritt, um die Schlehen zu bedecken, fermentieren.

Falls Ihr in Sachen Fermentation noch mehr ausprobieren möchtet, gibt es hier einen Artikel, wie man Kombucha selber machen kann und hier findet Ihre eine Anleitung für Bokashi.


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Gemüse fermentieren und haltbar machen. Eine Anleitung, wie Du Sauerkraut und Co. selber machen kannst.

 

 

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5 Comments

  • illy

    Ein Bügelglas hat im Gegensatz zum Gärtopf den Vorteil, dass man sieht was passiert. Beide gehören nicht geöffnet, wenn das Ferment angesetzt worden ist. Gerade in den ersten Tage ist die Fermentation sehr aktiv. Es blubbert, es riecht sehr intensiv. Es entsteht viel Kohlendioxid (Blubberbläschen), welche den Sauerstoff aus dem Glas verdrängt. Später nimmt die Aktivität ab. Wenn das Glas geöffnet wird, zerstört Sauerstoff dieses anerobe Milieu. Kahmhefe und Schimmelpilze können gedeihen.
    Ich finde es toll, dass wieder mehr über Fermentation berichtet wird und diese Form der Haltbarmachung nicht verloren geht.

    • Hauptstadtgaertnerin

      Liebe Illy,
      Danke für Deinen Kommentar und die Hinweise. Ich schließe die Gläser auch gleich beim ansetzen – dachte aber, dass vielleicht beides möglich ist. Ich halte mal Rücksprache und melde mich wieder.
      Liebe Grüße, Caro

      • illy

        Hallo Caro,
        Super. Mein allerestes Ferment war leider selbst kein Erfolgserlebnis. Auf der Lakeoberfläche schwamm eine Kahmhefenkolonie. Die Möhren haben dann muffig geschmeckt. An sich hatte ich alles richtig gemacht. Bloß hatten damals die IKEA Bügelgläser Silikon- statt Gummiringe, die leider keine Barriere für Sauerstoff waren.
        Eine tolle Möglichkeit sich einzulesen und dranzubleiben ist der Blog und die facebook-Gruppe “Wilde Fermente”. Dort gibt es auch ein Fotoalbum mit allerei Malheurs.
        Viele Grüße, illy

        • Hauptstadtgärtnerin

          Liebe Illy,
          Ich habe den Beitrag nun überarbeitet. 🙂 Einen Teil Deines ersten Kommentares habe ich entfernt, da das für die weiteren Leser sonst total verwirrend wäre. Danke für Deinen interessanten Input! Die wilde Fermente Gruppe kenne ich auch – mein eigenes Fermentationswissen habe ich tatsächlich von dort. Hab ein schönes Wochenende!
          Liebe Grüße, Caro

  • Jürgen

    Hallo Hauptstadtgärtnerin,

    erstmal möchte ich ein Lob für Deinen schön gestalteten Blog loswerden!
    Und dann noch zwei kurze Anmerkungen: 1. sollte es meiner Meinung nach “milchsaure” Gärung heißen (statt “essigsaure”), da ja bei dieser Art der Fermentation Milchsäure gebildet wird und kein Essig (das Aufgießen und Haltbarmachen mit Essig ist ja etwas anderes; ist auf jeden Fall keine Fermentation).
    2. funktioniert der Link auf thomasgerlachkocht.de nicht (wird auf einen Treppenhersteller umgeleitet, wenn man die Sicherheitsausnahme bestätigt); die Verlinkung sollte vorne ohne “https” (also mit “http”) geschrieben werden – dann klappt’s.
    Liebe Grüße
    Jürgen

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